„Kohlenhydrate essen oder lieber weglassen?“ Viele Athleten und Trainer im Ausdauersport sind verunsichert. Schließlich hört man ja ständig, dass Kohlenhydrate dick machen, weil sie die Fettverbrennung verhindern. Und gerade für Ausdauersportler sind ein niedriges Körpergewicht und eine gut funktionierende Fettverbrennung wichtige Leistungsfaktoren. Nun hat eine Studie untersucht, welche Ernährungsstrategie die Leistungsfähigkeit stärker unterstützt. Vermehrt Fette oder Kohlenhydrate in der Ernährung? Es ist eine bemerkenswerte Untersuchung, zum einen weil sie tatsächlich mit Topathleten, nämlich den Spitzen-Gehern der Australier, in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Rio durchgeführt wurde. Mit dabei waren die späteren Olympiamedailliengewinner von Rio sowie Medailliengewinner bei WMs und die nationalen und kontinentalen Rekordhalter. Zudem wurde die Leistung bei einem realen Wettkampf und nicht im Labor erfasst.
Das Studiendesign
Die Untersuchung wurde während regulären dreiwöchigen Trainingscamps der australischen Spitzen-Geher durchgeführt, in dem bei täglich 2 Einheiten ein Mix aus spezifischem Geher-Training, Krafttraining und ergänzenden Einheiten in anderen Sportarten (Schwimmen, Radfahren und Laufen) auf dem Programm stand. 9 Athleten wählten begleitend zum Training eine kohlenhydratbetonte Ernährung (High-Carb), 9 eine ketogene (= sehr kohlenhydratarm & fettreich) (Low-Carb) und 8 eine kohlenhydratbetonte Ernährung, in der die tägliche Kohlenhydratmenge in besonderer Weise über den Tag verteilt wurde (periodisierte KH-Zufuhr = Period-Carb). Dabei werden gezielt zwischen manchen Einheiten keine KH gegeben, um Trainingsbelastungen mit leeren KH-Speichern durchzuführen (Train low, Compete high). Untersuchungen haben gezeigt, dass dadurch wichtige zelluläre Anpassungsreaktionen für eine verbesserte Nutzung der Fette bei der Energiegewinnung im Muskel gefördert werden.
Hier die Details zur Nährstoffzufuhr der drei Ernährungsstrategien:
High-Carb & Period-Carb
Kohlenhydrate
ca. 8,5 g / kg Körpergewicht
= ca. 550 g / Tag bzw. 60 % der täglichen Energieaufnahme
Fett
1,2 g /kg Körpergewicht
= ca. 80 g bzw. 20 % der täglichen Energieaufnahme
Low-Carb
Kohlenhydrate
ca. 0,5 g / kg Körpergewicht
= ca. 33 g Tag bzw. 3,5 % der täglichen Energieaufnahme
Fett
4,7 g / kg Körpergewicht
= ca. 312 g bzw. 78 % der täglichen Energieaufnahme
Eiweiß: ca. 2,1 g/ kg Körpergewicht (= ca. 140 g bzw. 16 %),
Energiezufuhr: ca. 14,8 MJ (=3540 kcal).
Unmittelbar vor und nach dem Trainingslager nahmen alle Athleten neben einer Batterie verschiedener Tests auch jeweils an einem offiziell ausgeschriebenen und von der IAAF genehmigten 10-km-Rennen teil. Als Anreiz für eine maximale Anstrengungsbereitschaft beim Rennen waren Preisgelder ausgeschrieben, sowohl allgemein für die vorderen Plätze als auch zusätzlich für die Studienteilnehmer bei guten Leistungen in beiden Rennen.
Alle Athleten mit hoher Kohlenhydrataufnahme haben ihre Rennzeiten nach dem 3-wöchigen Trainingscamp verbessert. In der Low-Carb-Gruppe haben sich viele verschlechtert.
Kohlenhydratreich klar besser
Alle Athleten mit High- oder Period-Carb waren im Rennen nach dem 3-wöchigen Trainingscamp schneller als im Rennen davor. Die Verbesserung lag im Schnitt bei 6,6 (High-Carb) bzw. 5,3 % (Period-Carb). Im Gegensatz dazu zeigte sich in der Gruppe mit ketogener Ernährung (Low-Carb) keine klare Verbesserung. Im Gruppendurchschnitt war die Laufzeit um 1,6 % schlechter, im Einzelfall sogar um 8,5 %. Insgesamt ergab sich statistisch keine signifikante Veränderung in der Leistung zwischen den beiden Rennen und das, obwohl in dieser Gruppe die Fähigkeit zur Fettverbrennung durch die Ernährungsintervention deutlich besser als in den beiden KH-Gruppen entwickelt war, mit den höchsten Fettoxidationsraten, die je unter Belastung gemessen wurden.
Es ist bekannt, dass Fette pro Liter Sauerstoff weniger ATP bereitstellen als KH. Wenn bei intensiven Belastungen Sauerstoff knapp wird, ist mit KH eine höhere ATP-Flussrate und damit Leistung zu erreichen. Dies zeigte sich im Rennen, aber auch im Training. So empfanden die Athleten der Low-Carb-Gruppe das Training häufig anstrengender als die der anderen beiden Gruppen und hatten teilweise große Schwierigkeiten oder waren nicht in der Lage, Trainingseinheiten wie geplant zu Ende zu bringen. Ihre mittleren Trainingsmeilen bei den spezifischen Geher-Einheiten lagen in den 3 Wochen um ca. 20 km niedriger als bei den Athleten mit High-Carb und um ca. 40 km unter der der Sportler mit Period-Carb. Die Autoren halten diese verminderte Trainingsqualität für einen wichtigen Aspekt, der die Leistungsentwicklung von Spitzenathleten langfristig bremsen dürfte. Insgesamt kommen sie zu dem Schluss, dass eine Verbesserung der Wettkampfleistung durch die Kombination einer kohlenhydratbetonten (dauerhaft oder periodisiert) Ernährung mit Training und Wettkampf erreichbar ist, nicht jedoch mit einer kohlenhydratarmen, fettreichen Ernährung.
Athleten der Low-Carb-Gruppe waren weniger belastbar und hatten deshalb weniger Trainingskilometer.
Fazit:
Die Studie belegt deutlich, dass eine dauerhaft kohlenhydratarme Ernährung im Spitzensport für die Ausdauerleistung im Wettkampf wie im Training kontraproduktiv ist. Da Spitzenleistungen im Wettkampf letztlich nur durch spitzen Trainingsleistungen zu erreichen sind, sollte eine Einschränkung der Kohlenhydrataufnahme gut überlegt sein. Wenn Du überlegst in deiner Sportart auf eine Low-Carb-Ernährung umzusteigen, helfen wir dir gerne bei der Entscheidungsfindung und Periodisierung.
Literatur:
Burke LM, Ross ML, Gravian-Lewis LA et al. Low carbohydrate, high fat diet impairs exercise economy and negates the performance benefit from intensified training in elite race walkers. J Physiol (2017) 000.00, 1-23